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Queerdenker* Festival 2.0 – Ein Bericht

Im Jahr 2020 läuft einiges anders, als es geplant war oder wir es gewohnt sind. Damit sprechen wir sicher für alle Menschen, die wegen Covid-19 ihr Leben einschränken mussten, jetzt geht es allerdings speziell um unsere Festivalplanung. Wir haben uns gemeinsam mit 100% Mensch beim Ministerium für Soziales und Integration beworben um Unterstützung für die Veranstaltungsreihe „Querer Herbst“ zu bekommen. Dazu gehören neben unserem Festival auch Events wie die „Trans* Pride“, „Queere Jugend trifft Verwaltung“ und der „Transgender Day of Remembrance“.
Das Konzept haben wir abgegeben, bevor die ersten Corona Maßnahmen in Deutschland ergriffen wurden. Als dann klar war, dass wir ein Festival mit Übernachtungen, Workshops, einer Ausstellung und vielen Bühnenevents mitsamt Publikum nicht umsetzen können, haben wir unseren Plan so gut wie möglich angepasst und umgeschrieben. Und was soll man sagen, das Queerdenker Festival 2.0 ist unter all den erschwerten Umständen wirklich gelungen und das ist auch immer noch spürbar. Wir können als (damals) fünfköpfiges Orga-Team sagen, dass wir darauf auch sehr stolz sind.

Das Queerdenker-Leitungsteam ist vom 11. Bis zum 13. September ins Komma Esslingen eingezogen, um drei Tage lang von dort aus Veranstaltungen, Vorträge und Shows zu streamen. Mit dem Team aus dem Komma haben wir auch im Vorlauf schon die Planung und Organisation der Veranstaltung durchgearbeitet.
Dort haben wir nicht nur Räume, eine Bühne mit guter Technik und tollen Spezialist*innen bekommen, sondern auch Kontakte geknüpft und viel über Show-Konzepte und Streaming gelernt.

Im Vorlauf haben sowohl wir als auch unsere Helfer*innen eine Einweisung im Haus bekommen. Wir haben sehr viele helfende Köpfe und Hände für dieses Wochenende engagieren können, unter Anderem für Lichttechnik, Tontechnik, Streamingtechnik, zwei Personen haben uns während den Tagen mit Kameras begleitet um später diverse Filmprojekte mit uns umzusetzen, es gab eine Fotografin und auch einige Menschen, die beim Auf- und Abbau geholfen haben.

Nachdem sich alle eingerichtet und vorbereitet haben, ging es auch schon los. Carmen Westermeier, die DJane und Performancekünstlerin, die wir für den Live Stream am Sonntag gebucht haben, kam schon am Freitag an, um mit ihren zwei Tänzerinnen in den Komma-Räumen zu proben und sich mit der Bühne vertraut zu machen. In der Küche haben wir im Voraus Essen und diverse Vorräte für das ganze Wochenende und alle Helfer*innen gelagert. So konnte Carmens Team in der Bandwohnung vom Komma übernachten und sich dort bis zum Auftritt warm machen.

Der Freitag ging sonst erstmal ruhig weiter, wir haben über Zoom das erste Angebot laufen lassen, nämlich den Theater Workshop. Alle Teilnehmer*innen haben gutes Feedback dagelassen und es war schön zu sehen, dass etwas wie Schauspiel während der Pandemie auch online stattfinden kann. Danach haben wir noch den Talk zu „Danach ist dein Leben Deins“ gestreamt, da ging es um eine Dokumentation über die weibliche Sicht auf das jüdische Leben, die Alija, Deutschland und Israel. Beendet haben wir den Freitag mit dem Livestream vom „Queerdenker* Slam“, einer Kooperation mit dem Poetry Slam Esslingen. Nikita Gorbunov und Sven Hensel haben moderiert und wunderbare queere Slammer*innen durch den Abend geführt.

Am Samstag ging es dann weiter mit dem Zoom-Workshop „Queerschreiben“, unser meistbesuchtes Angebot unter den Workshops. Viele Menschen konnten sich dabei über das Schreiben, Queerness in der Literatur und vieles mehr austauschen und sich ausprobieren. Mittelpunkt des Tages im Komma war die Drag Show, die von der „Sweet & Spicy“ Gruppe aus Tübingen konzipiert wurde. Neben 5 erfahrenen Drag Performer*innen aus der Gruppe, gab es außerdem 5 „Baby Drags“, die eine ihrer ersten Bühnenerfahrungen bei unserem Festival gemacht haben. So ist ein diverses und buntes Programm entstanden. Der Livestream der Drag Show wurde vom Vortrag „The Power of Drag“ eingeleitet, den ein paar der Liveperformer*innen vorher zum Ausstrahlen aufgenommen haben. Dabei ging es um die Kunstform und die Geschichte des Drag.

Der Abschluss vom Festival hat am Sonntag mit dem Workshop „Creating Consent Culture“ begonnen. Neben dem feministischen Hintergrund des Begriffes wurden auch Ansprüche an die Gesellschaft diskutiert und es gab einen Erfahrungsaustausch. Der Vortrag, der darauf folgte, war „Judith Butlers Performativität des Geschlechts“. Dabei ging es vor allem um die theoretischen Grundlagen der Errungenschaften des modernen westlichen Feminismus.
Passend dazu war der letzte Livestream des Festivals „The Story of Lilith Burmond“, die musikalische, tänzerische und künstlerische Performance von Carmen Westermeier und ihren zwei Tänzer*innen. Carmen ist Queerfeministin und hat mit ihrer Show eine Utopie gezeigt, in der Heteronormativität und Gender-Klischees keine Rollen spielen.

Beim Livestreamen haben wir große Hilfe von Holger Edmaier, dem Leiter vom Projekt 100% Mensch bekommen, er hat die technische- und künstlerische Leitung übernommen. Jetzt, einige Wochen nach dem Festival, kümmern wir uns darum, das aufgenommene Streamingmaterial komplett auf Youtube hochzuladen, mit Untertiteln zu versehen und kümmern uns noch um die Reste der Labels, wenn es musikalische Parts gibt (hier bitten wir um ein wenig Geduld, wir sind ein sehr kleines Team, das komplett freiwillig arbeitet!). Außerdem Verteilen wir die Fotos, die während der Veranstaltung aufgenommen wurden an die Künstler*innen und auch die zwei dokumentarisch-künstlerischen Filme über die Arbeit der Queerdenker* und das Festival sind in der Mache und werden bald veröffentlicht.

Anstatt der Ausstellung, die vor den Coronamaßnahmen geplant war, um die künstlerischen und inhaltlichen Arbeiten aller beteiligten Personen in der Öffentlichkeit vorzustellen, ist auf längere Zeit ein Online Zine geplant, das in größtmöglicher Auflage auch als Printausgabe erscheinen soll. Wenn im queeren Rahmen Kunst und Wissen aus der Community aufbereitet wird, ist es wichtig, das alles einer breiten Masse zugänglich zu machen und schön aufzuarbeiten.

Dieses Festival ist also noch lange nicht vorbei, zumindest werden wir noch viel sehen, hören und vernetzen im Nachgang. Vernetzung mit großartigen und verschiedenen Menschen, Organisationen und Kollektiven ist wohl auch das Beste, was wir als Orga-Team aus diesen Tagen mitnehmen konnten. In der Zukunft wird es noch viele spannende Projekte mit faszinierenden Leuten geben und wir sind froh und dankbar, so ein buntes Netzwerk um uns zu haben.

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